Donnerstag, 25. April 2013

WAR MOVIES FOR PEOPLE WHO DON'T LIKE WAR MOVIES




Ein Essay von Manuel Gehrke zu Kevin B. Lees -
„War Movies for People Who Don´t Like War Movies“

Kriegsfilme sind ein etabliertes Filmgenre seit Aufkommen der ersten Propaganda Filme. Schlacht an der Somme (1916) war ein britischer Propaganda Film, der den Krieg dokumentieren und die Heldentaten der britischen Soldaten zeigen sollte. Es handelt sich hier aber keineswegs um eine Dokumentation, sondern um ein inszeniertes Schauspiel, das sich als Kassenschlager erwies. Innerhalb der ersten sechs Wochen wurden 20 Millionen Karten verkauft, was unter anderem an dem Authentizitätsversprechen der Filmemacher lag. Seitdem ist der Kriegsfilm ein immer wieder auftretendes Sujet im Kino.

Kevin B. Lees Essay „War Movies for People Who Don´t Like War Movies“ steigt ein mit einem sehr prägnanten Beispiel. Das Orchesterwerk, Ritt der Walküren von Wagner, untermalt den angreifenden Hubschrauberflug in Apocalypse Now (1979) von Francis Ford Coppola. Gerade diese Szene zählt zu den bekanntesten des Genres und findet sich wieder in Sam Mendes Jarhead (2005), in dem die Soldaten den Film als Vorbereitung auf ihren eigenen Einsatz auf einer Leinwand schauen. Lees Essay wird von einem, von ihm gesprochenen, Audiokommentar begleitet. Er zitiert Truffaut „There is no such thing as a truely anti-war film“. Und erklärt weiter, dass es dem Kriegsfilm nicht gelingt, die spektakulären und heroischen Taten ihrer Protagonisten nicht als verherrlichend darzustellen. Als Unterstützung für seine Argumentation werden Bilder aus Stanley Kubricks Full Metal Jacket (1987) gezeigt, der an Popularität Apocalypse Now in nichts nachsteht. Hiermit ebnet Lee, der einräumt selber auch kein großer Freund des Kriegsfilm zu sein, den Weg zu einer anderen Herangehensweise, die sich in seinen Augen nicht mit der Verherrlichung von Krieg beschäftigen soll, sondern Humanität in den Fokus nimmt.



Er spannt den Bogen zur Dokumentation Marwencol (2010) von Jeff Malmberg, in der der Fotograf Mark Hogekamp mit Puppen Schauplätze des zweiten Weltkriegs nachstellt. Lee kommentiert, dass sich über den Fotografen und seine Reenactments zeigen lässt, wie sich die Bilder aus Kriegsfilmen in unserem Gedächtnis verselbstständigen und sich das Bedürfnis äußert, diese Gewaltvorstellungen auszudrücken.

La France (2009) von Serge Bozon ist das zweite Beispiel, das Lee für prädestiniert hält, in den Pool der „Kriegsfilme für Menschen, die keine Kriegsfilme mögen“ aufgenommen zu werden. Hier rücken die Sehnsüchte und Verdrängungen der Soldaten, die durch den Krieg bedingt werden, in den Mittelpunkt. Sie drücken ihre Einsamkeit durch Popsongs aus, die sie an überraschenden Punkten des Films performen.
Im letzten Teil des Essays vergleicht Lee alle vier angeführten Beispiele und beschreibt La France und Marwencol als Filme, die kein gewaltvolles Spektakel inszenieren wollen, sondern komplexe Emotionen der Protagonisten.
In der letzten Einstellung nutzt Lee den Splitscreen, um noch mal die Bilder aus den aufgeführten Filmen gegenüber zu stellen und die Diversität ihrer Herangehensweise zu manifestieren.



Die Filme, die Lee auswählt, „Kriegsfilme für Menschen, die keine Kriegsfilme mögen“, benutzen interessante Strategien, um Krieg zu zeigen und die Komplexität, die er mit sich bringt erfahrbar zu machen. Lee klammert aber auf der Seite der „etablierten“ Kriegsfilme viele Beispiele aus, die bereits mit anderen Darstellungsarten überzeugen. Selbst Filme wie Full Metal Jacket oder Apocalypse Now bieten im Kontext mehr als ein überzogenes Feuerwerk aus Action und Gewalt. In beiden Filmen gibt es tief ausgebaute Charaktere, die uns zeigen, wie durch die Grauen des Krieges die Psyche, Sehnsüchte und Ängste beeinflusst werden. Ich würde ihm nicht komplett widersprechen, denn die angeführten Verherrlichungen und pompösen Auftritte der Soldaten finden in den Filmen ihr Setting, aber sie sind eben nicht alles.
Jarhead zeigt uns den Irakkrieg ohne, dass wirklich Schüsse fallen oder man direkt an Kriegssituationen teil nimmt. Die HBO Produktion Generation Kill (2008) hat bereits das Element der Soldaten, die Popsongs singen vorweggenommen. Auch hier wird der Versuch gestartet, die Tiefe einer Persönlichkeit auszubauen und nicht nur auf die dankbaren Feuereffekte zu setzen.
Abschließend könnte man dem Essay unterstellen, dem Kriegsfilm für Menschen die Kriegsfilme mögen nicht gerecht zu werden. Auf der anderen Seite zeigt es sehr überzeugend inszenierte Filme, die ohne große Specialeffects und Heroisierung auskommen. Über den Vergleich dieser so unterschiedlichen Filme eines Genres zeigt Lee die Besonderheit von La France und Marwencol, es ist nicht nötig eine Wertigkeit der filmischen Strategien aufzubauen. / 18.04.2013

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen