Donnerstag, 25. April 2013

BEAUTIFUL NIGHTMARES



Ein Essay von Manuel Gehrke zum Videoessay „Beautiful Nightmares“ von Nelson Carvajal

David Lynch bietet uns eine breite Fläche für filmvermittelnde Filme. Sie könnten gut als ein großer Traum verstanden werden und so liegt die Untersuchung als Gesamtwerk nah. Die surrealistischen Welten ziehen sich durch das Werk des Regisseurs und immer wieder vermischen sich hier die verschiedenen Genre des Thriller, Horror und Film Noir zu einer mysteriösen Entdeckungsreise, bei der man sich an Luis Bunuel erinnert fühlt. Filme wie Mullholland Drive (2001) oder Eraserhead (1977) machen es schwierig von Verstehen zu sprechen, vielmehr vermitteln sie einen Eindruck einer kreativen Schaffenswelt und einer Grundstimmung, in der unermüdlich neue Rätsel aufkommen. Er inszeniert zwischen Traum und Realität ohne wahrnehmbare Zäsuren zu setzen.

Die Farbe Rot, lange Straßen die durch die Dunkelheit führen oder das unvermittelte Auftauchen von Vermittlern, die oft den Eindruck einer Jahrmarktsshow der 50er Jahre erwecken, sind Leitlinien, die sich immer wieder wie eine Referenz auf sich selber wiederholen. An ihnen kann man sich entlanghangeln, als konsequent durchgeführtes Stilmittel geben sie einem Halt in einer sonst so unüblichen Erzählstruktur. Lynch bietet dem Filmwissenschaftler viele Möglichkeiten zu versuchen Konstanten und Stilmittel zu entdecken und mit ihnen den Versuch zu starten, eine Vermittlung der Arbeitsweisen, Strukturen oder filmischen Auflösungen zu finden.
Dieser Filmvermittelnde Film von Nelson Carvajal trägt den Titel: „Beautiful Nightmares: Davis Lynch´s Collective Dream. Das impliziert das Gesamtwerk Lynchs als einen Traum anzuerkennen und zu untersuchen. Das Essay macht das exemplarisch und unternimmt nicht den Versuch einer kompletten Inventur, sondern zeigt vielmehr an einigen gut gewählten Beispielen welche Motive sich wiederholt finden lassen.

Eingeleitet wird mit einer Szene aus Wild at Heart (1990), in der Lula, Sailor Ripley auffordert Musik zu spielen, was er darauf hin tut. Damit wird eine Sequenz aus Tanzszenen in unüblichen Situationen eingeleitet. Die Performance als sich wiederholendes Stilmittel, das für Irritation sorgt. Vielleicht kann man sie als Ruhepunkt verstehen, dass wir sie einfach wirken lassen können ohne zu analysieren oder einzuordnen. Das Aufreihen dieser Momente ohne den restlichen Film bringt uns die Besonderheit ihres Wirkens näher.

Die wenigen konstanten Charaktere bilden den nächsten Teil des Essays, es zeigt ihre oftmals überspitzte Darstellung. Sie wirken wie wohl platzierte Kunstwerke in einer Galerie und man möchte in ihren Gesichtern die Irritation lesen, die wir selbst erfahren. Gewaltvoll treffen wir immer wieder unvorbereitet auf neue Persönlichkeiten und kunstvoll inszenierte Sujets, die ohne jegliche Einleitung auf uns einschlagen. Wie in unseren Träumen bleibt der größte Teil ihrer Biografie im Dunkeln, was ihr Handeln und Agieren für uns noch mysteriöser erscheinen lässt.
Das Essay verzichtet auf einen gesprochen Off-Kommentar und lässt lieber die Charaktere selbst zu Wort kommen.



Frank (Blue Velvet [1986]): „I´ll fuck anything that moves“

Der O-Ton von Dan aus Mullholand Drive ist gut gewählt und gibt uns einen Hinweis auf das träumerische und widersprüchliche und darauf, dass Realität und Traum sich immer wieder vermischen.


 „Well, it's the second one I've had, but they're both the same. They start out that I'm in here, but it's not day or night. It's kind of half-night, you know? But it looks just like this, except for the light. And I'm scared like I can't tell you. Of all people, you're standing right over there, by that counter. You're in both dreams and you're scared. I get even more frightened when I see how afraid you are, and then I realize what it is. There's a man … in back of this place. He's the one who's doing it. I can see him through the wall. I can see his face. … I hope that I never see that face, ever, outside of a dream. … That's it.“

Schließlich folgt ein Zitat von Lynch aus dem Jahr 1986, : „ … because it´s a trip beneath a beautiful surface but to fairly uneasy interior“.



Und so bleibt ein Eindruck zurück, der das Bedürfnis mehr zu erfahren frei gibt. Man beginnt mit der Recherche über die Filme und versucht die Geheimnisse zu enttarnen, mit denen wir konfrontiert wurden. Das Essay gibt einen Eindruck der „lynchesken“ Welt, in der wir mit unseren Interpretationsversuchen immer wieder an unsere Grenzen stoßen werden. Doch das ist vielleicht gar nicht nötig bei einem Film von David Lynch. / 13.03.2013

Weitere filmvermittelnde Filme zu David Lynch:
https://vimeo.com/groups/audiovisualcy/videos/24074036
https://vimeo.com/groups/audiovisualcy/videos/53466226

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