Donnerstag, 25. April 2013

THE SHINING (CORRIDORS)




Ein Essay von Melissa Benno zu Scott Chandlers „The Shining (Corridors)“

Lange Korridore, verwinkelte Gänge, Treppenhäuser, ein dichtes Labyrinth. Das alles sind Schauplätze des Klassikers The Shining (1980) von Stanley Kubrick. Sie fungieren jedoch nicht nur als Kulisse, sondern werden selbst zu Akteuren, ohne dass es dem Zuschauer vielleicht bewusst wird. Stanley Kubrick als Perfektionist der Inszenierung von Raum und Architektur zeigt auf, wie Unbehagen und Beklemmung auch durch die körperlose Präsenz und Atmosphäre von Orten transportiert werden kann. Obwohl dem Genre zuzuordnen, ist The Shining kein typischer Horrorfilm. Auf Effekthascherei wird verzichtet, Schockmomente finden sich nur an wenigen Stellen. Das Grauen wird auf eine subtilere Art vermittelt und funktioniert zu großen Teilen über die Darstellung der Örtlichkeiten. Das Haus als solches, welches eigentlich Behaglichkeit und Schutz bieten soll, wird zum Feind, es bedrängt, fängt ein und liefert aus.


Mit dieser Raumwirkung befasst sich der Autor des Filmes „The Shining (Corridors)“ Scott Chandler. Der Beitrag folgt der Dramaturgie von The Shining, jedoch wurde dieser so verdichtet, dass nur noch die Szenen, welche in den Korridoren und Gängen des Hotels, sowie im Labyrinth spielen, zu sehen sind, so dass von dem ursprünglich 143 Minuten langen Werk noch 17 Minuten übrig bleiben. Auf eine Sprach - oder Textebene wird komplett verzichtet, stattdessen hört man den Original-Ton des Filmes. So folgen wir stetig den Protagonisten durch die vielen Windungen und Winkel der Korridore des Overlook Hotels und des düsteren Heckenlabyrinths. Immer auf der Flucht vor der Kamera - die als unruhiger Verfolger nicht von deren Seite weicht – und vielleicht sich selbst. Isolation und Wahn sind Motive des Filmes, diese spiegeln sich in den klaustrophobisch anmutenden Raumverhältnissen wider.

Sind wir zu Beginn noch von der opulenten Architektur des Hauses beeindruckt, stellt sich mit fortlaufender Dauer jedoch immer mehr ein Gefühl der Beklemmung ein. Die Räume erscheinen nicht mehr als schützende Rückzugsorte, sie werden zum Gefängnis, umrahmen die Protagonisten und bedrängen sie. Durch das montieren der im Haus spielenden Sequenzen zu den Außenaufnahmen wird deutlich, dass nicht nur im Außenbereich ein Irrgarten vorhanden ist. Vielmehr herrscht hier eine sonderbare Symmetrie, die vielen Gänge und Winkel des Hauses sind nichts anderes als ein riesiges Labyrinth, in welchem sich die Figuren verlieren. Scott Chandlers Filmaufbau rückt außerdem die, von Kubrick so oft benutzte Zentralperspektive in den Fokus der Aufmerksamkeit, welche eine Art mesmerisierenden Sogeffekt erzeugt.


Das Unbehagen und die Ausweglosigkeit der Situation trägt sich über die Handlung beziehungsweise die schauspielerischen Leistungen der Darsteller, wirklich atmosphärisch wird der Film dann durch die Inszenierung der Orte. Der Autor macht diesen Horror der Räumlichkeiten durch die verdichtete Narration noch intensiver. Der Film funktioniert auch ohne Off-Kommentar sehr gut, da die Bilder alleine schon genug von der Atmosphäre vermitteln, als auch die Örtlichkeiten für sich selbst sprechen, vor allem in der verdichteten Form. Außerdem erfüllt er insofern ein Kriterium eines gelungenen filmvermittelnden Films, dass er dazu anregt sich weiter mit der Thematik zu beschäftigen und diverse andere analytische und weiter in die tiefe gehende Beiträge - beispielsweise zu Kubricks Set Design - zu sichten. /29.03.2013